Woher kommt Treesolo – Klettern

Dank unserm Kletteridol Gerald Krug und seiner autorbedingten immensen Kletterbibiliothek, ist es nun möglich die ersten belegten Baumerkletterversuche hier aufzuzeigen. Bilder aus einem alten Kletterlehrbuch von 1981 von dem Freikletterpionier Sepp Gschwendter. Laut Gerald ein wirklich gutes Buch, vom Ansatz wie die  4. Dimension. Das frühes Baumklettern ist hier zwar nur als Trainig gedacht, aber das Felsklettern war früher ja auch nur Training fürs richtige Bergsteigen.

Und das Heutige Treesoloklettern? Dazu hier eine Kleine Anekdote:

Der Vorstieg von Big Three

Schnell noch Rucksack packen, Schuhe nicht vergessen. Besser doch alle Hardware einpacken. Alles im Kopf einmal durchgegangen, aber lieber noch die alten Teile einpacken. Ist einfach blöd wenn man dann einmal hängt und es fehlt was. Aufs Rad und Los.

Raus, Natur, Barfuß und viel wichtiger: Baroberkörper, Sonne. Und dann dürfen natürlich ein Seil, ein Gurt, viel zu enge Schuhe, etliche Karabiner, Bandschlingen, Exen, Prusikschnüre, Sicherungs- und Abseilgeräte und eine anspruchsvolle Kletterlokation nicht fehlen. Schön wäre natürlich, ausnahmsweise nicht anstehen zu müssen. Also back to the roots. Im wahrsten Sinne des Wortes; ab in die Bäume. Stopp. Rewind. Bäume???

Brrrrlrrlrlrlp

Vor langer Zeit, in einem Park weit weit entfernt:

Es herrschte gemütliches Chillen und Grillen, Hacken und Slacken, als plötzlich eine unscheinbare Gestalt vor einem Baum stand und verträumt an ihm empor schaute. Von irgend einer Liegedecke kam ein neckendes „Vergiss es, da kommst du nicht hoch.“

Als hätte er darauf gewartet, grinste er den Deckenlümmler an, riss sich das T-Shirt vom Leib und machte sich daran, den astreinen Baum zu erklimmen. Hände wie Krallen hieben sich in die borkige Rinde, Fußballen und großer Zeh wurden auf scheinbar schmerzvolle Weise in die Rinde gebohrt. Auf vier Meter dann der erste Ast, an dem im Schweinsbaumeln erst mal ausgeruht werden konnte. Von den gemütlichen Beobachtern nur ein „So’n Affe…!“

Brrrrlrrlrlrlp

Also das ganze Mal im Vorstieg, ca. acht Meter mit Bandschlingen zwischengesichert. Um ein paar schöne Routen einzuhängen. Davon gibt es auf der Würfelwiese nun schon 26 neue Routen und Boulder, vier allein am Big Three. Über den alten Weg kann man sich dreimal an Ästen zwischensichern, um das Toprop einzuhängen, an welchem man dann die drei Hauptwege begehen kann. Ab dann gilt sieben Meter pures Holz unter den Fingern. ROOTS bietet, leicht positiv, einen Einstieg in die ungewohnte Kletterei. Am Klammeraffen kann man dann schon mal den diffizilen Ausstieg üben, und wenn der sitzt, das Ganze am leicht überhängenden Holzweg perfektionieren. Wer dann noch nicht genug hat, darf sich an einem anderen Baum, z.B. an der Route Astrein, versuchen. Ca. sechs Meter schönstes Klettern ohne störende Griffe oder Tritte.

Schneesoloklettern

Kennt Ihr nicht? Erklär ich Euch.

Um die Theorie, dass Bäume eine Eigenwärme besitzen, zu bestätigen, sind jetzt die ersten Feldversuche abgeschlossen. Als Kontrolle diente eine geschlossene Schneedecke auf den Wiesen sowie an den Bäumen. Der erste Eindruck war wie erwartet, Schnee ist kalt. Der Start auf einer Wolldecke ließ schon beim Ausziehen der zwei Paar Socken recht schnell die unangenehme Außentemperatur zu den Füßen durchdringen. Die ersten Schritte durch den weichen Schnee ließen das schon oben Erwähnte erspüren. Da der Baum, der als erstes ausgewählt war, eine stark borkige Rinde besaß, um das Erklettern bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nicht noch zusätzlich zu erschweren, hatte sich in den Rindenrillen natürlich der schneewehenartige Fußfeind angelagert.

Foto: Martin Mütterlein

Trotzdem war es eine Wohltat, als der erste Schritt von der den Fuß mit Schnee umhüllenden Wiese an die trockene Rinde getan war. Hierbei muss aber gesagt sein, dass beim Laufen durch den Schnee, dieser durch die Wärme der Füße antaute und der Wasserfilm über der Haut arg zur Auskühlung der gleich noch zu „Hoch“-leistung gebrauchten Füße beitrug. Um nun Halt an der ehemals trockenen Rinde zu finden war es notwendig, die nunmehr schneebedeckten Zehen tief in die Borke zu krallen. Was jedoch erheblich erschwert wurde, da die guten Rillen meist umso mehr mit Schnee gefüllt und somit erst durch Pusten oder Pulen mit dem großen Zeh freizumachen waren. Nachdem der Schnee und der Kälteschmerz proportional zur Höhe nachließen, war es nun möglich, den Ausstieg recht zügig zu vollziehen, nur um am Zielast eine eiskalte Überraschung in Form einer kleinen Schneelawine erleben zu müssen. Somit konnte die erste Schneesolo-Besteigung von dem Alten Weg am Big Three abgeschlossen werden.

Nicht ganz so leicht erwies es sich bei der Glasauge,da hier, als Beweis für die Barfüßigkeit, Bilder von den Fußstapfen zum Baum gemacht werden sollten. Auch diese Route musste erst mit einer längeren Strecke durch den Schnee erreicht werden. Nur, dass beim Erklimmen dieser astreinen Route keinerlei Borkenstrukturen dem großen Zeh oder Zehenballen Halt gaben. Was dazu führte, dass hier der Palmkletterstiel angewendet werden musste. Nun lehrt die Erfahrung, dass schneebedeckte Füße schnell zu nassen Füßen mutieren (s.o.), was natürlich den Aufstieg, wo nur Reibung und Innendruck an der sonst glatten Rinde zu Erfolg führen, mit Wasserfilm fast unmöglich machte. Um diese Misere zu umgehen, mussten nun die Füße an der eigenen Hose getrocknet werden, ohne dass sie die Schneefläche noch einmal berühren, was mittels einer monchichiartigen Umarmung des Baumes und einer Menge animalischer Laute, auch möglich war. Nun, nach einer kleinen Pause im Stemmsitz, wies auch der Durchstieg des Glasauges keine weiteren Schwierigkeiten mehr auf.

Foto: Martin Mütterlein

Mit all den lehrreichen Erfahrungen und immer noch „warmen“ Füßen ging es nun zur letzten, längsten und mit 11-2 Astrein zur schwersten an diesem Tag bestiegenen Route. Der Start an Astrein erfolgte dieses Mal direkt von der Decke und ermöglichte so einen trockenen Einstieg, Schneefelder während des Aufstieges wurden weitestgehend umgangen und der Zielast erst vorsichtig gereinigt und somit der Lawine gezielt ausgewichen.

Das Fazit: Beim Schneesoloklettern sollte man stets versuchen trockene Füße zu behalten, weite Schuhe und dicke Socken helfen den Weg von Baum zu Baum angenehm zu überbrücken, intensives Zehenbewegen fördert die Durchblutung der Kleinen und ein warmer Tee hebt die Stimmung. Mit dieser Vorbereitung ist Schneesoloklettern ein interessantes Wintererlebnis und im Nachhinein betrachtet sind es nicht kalte oder schmerzende Füße, die einem in Erinnerung bleiben, sondern ein angenehmes warmes Gefühl, wenn sich Fuß und Baum berühren, wenn sich die Hand in die Rinde krallt.

Bilder zu diesem Event hier

Treesolo ist Wintertauglich!!

Glaubt ja nicht, dass mit der kalten Jahreszeit das Treesoloklettern abgehakt ist. Das Wetter muss nur trocken genug sein, dann kann man klettern bei jeder Temperatur.

Ok, ich muss zugeben, dass ich dann auch mal die Schuhe anlasse. Aber mich halten die Eiszapfen nicht auf. Solange sie fest genug sind, werden sie einfach mitbenutzt. Wichtig hierbei ist eine Kapuze, damit einem die Schneemassen, die durch das Klettern am Baum losgeschüttelt werden, nicht in den Nacken fallen. Außerdem braucht man weiche Schuhe, die einem Halt an der kalten Rinde geben.

Damit ihr mir glaubt, dass es möglich ist, habe ich mich schon mal in die unwirtlicheren Regionen Deutschlands aufgemacht und das Klettern in Extremsituationen getestet. Die Bilder sind Original und nicht retuschiert.

Klettern in verschneiten Landschaften birgt aber noch ganz andere Vorteile. Denn was ist schon weicher als ein fluffiges Schneefeld? Also auf zum Deepsnowsoloingtreesoloing.

Macht euch auf was gefasst, der Winter wird heiß!

Fotos: Ingrid & Damian Böcker Coutiño Fitzner

Treesoloklettern mit Gerald Krug

Endlich gelingt es mir den schönen Klettertag, den ich mit Gerald hatte, auf diese Seite zu stellen.

Wir starteten gut motiviert und bei bestem Wetter. Zu Anfang mussten wir uns natürlich im Warm Up versuchen, um bei dieser kurzen aber schönen Route die Grundzüge des Treesolokletterns zu erkunden. Deshalb gibt es dank Gerald jetzt auch ein Bild auf der Routenseite.

Danach, um den Baumumfang zu erhöhen und trotzdem ein bisschen Struktur unter den Händen zu haben, begaben wir uns zum Big Three und erboulderten den Altenweg. Auch hier neue Fotos.

Motiviert und von der Griffigkeit der Rinde angetan, wechselten wir rüber in den Sektor Endor, um etwas Neuland zu betreten. Hierbei war es natürlich erstmal wichtig, die Sicherungstechnik zu durchdenken, da wir noch keine Bäume mit Bohrhaken gefunden hatten. Mit einem Haufen an Bandschlingen, Exen und allem, was man sonst noch so braucht, wagte Gerald sich in seinen ersten Treesolovorstieg. Chewbacca wartete schließlich noch auf seine Erstbegehung.

Gerald in der Erstbegehung von Chewbacca Foto Martin Mütterlein

Dies stellte für den alten Hasen Gerald natürlich kein Problem dar und so ist eine weitere Route in den Bestand aufgenommen worden. Mit einer Schwierigkeit von 11-1 Astrein eine angenehme Route um sich beim Treesoloklettern mit Höhe und Sichern bekannt zu machen.

Im Anschluss daran konnten wir die Erst- begehung von Lea auch noch abhaken. Sie ist eine relativ kurze Route am Doppelbaum mit dem noch unbegangenen Han Solo. Bleibt nur noch zu sagen: „Wer ist sie? Sie ist wunderschön!“. Mit nicht zu unterschätzenden griffigen 11-2 Borke.

Im Großen und Ganzen also ein erfolgreicher Tag.

Vielen Dank an Martin Mütterlein für die Fotos.

Routenbewertung

Baum ≠ Fels;

deshalb hier eine Bewertungsskala im Vergleich zur Sächsischen.

Das Wort hinter der Zahl beschreibt auch immer die Route. Das heißt, dass bei einer Bewertung Astrein die Äste wegdefiniert sind. Bei Borke wären sogar etwaige Gnubbel oder Wulste verboten, falls vorhanden. Was aber nicht heißt, dass bei sehr leichter Borkenkletterei Minuszahlen angegeben werden müssen. Unter Clear ist eine Rindenstruktur zu verstehen, die den Füßen und Fingern kaum noch Halt gibt um sich hinein zu krallen. Clear zu klettern heißt nahezu nur auf die Reibung der Handinnenflächen und Fußsohlen zu vertrauen. Nach Clear geht es mit der Schwierigkeit Damn it weiter. Dies ist bis jetzt, beim Treesoloklettern, nach meinem Wissen, aber noch nicht begangen. Warum die Schwierigkeit diesen Namen hat muss der Erstbegeher dann selbst herausfinden. Mundfaule können die Schwierigkeiten ab Astrein auch mit den Anfangsbuchstaben abkürzen.

Des weiteren, da ein Baum lebt und somit im Wandel ist, wird vor jeder Bewertung eine gekürzte Jahreszahl der Erstbegehung hinzugefügt; z.B. 11-2 Astrein für 2011.

Sächsisch   /    Astreinklettern

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I                /   –

II              /   1 Zweige

III            /    2 Zweige

IV            /    3 Zweige

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V              /    0 Astrein

VI            /     1 Astrein

VIIa           /    2 Astrein

VIIb          /    3 Astrein

VIIc           /    1 Borke

VIIIa          /    2 Borke

VIIIb         /    3 Borke

VIIIc          /    1 Clear

IXa            /    2 Clear

IXb            /    3 Clear

IXc            /    1 Damn it

Xa             /    2 Damn it

Xb             /    3 Damn it

Die Erstbegehung von Sheriff Nottingham

Um mich auf diese Route vorzubereiten, bin ich erst mal losgefahren und wollte lange Bandschlingen kaufen. Die gab es natürlich nicht. Also musste ich mit dem, was ich gerade hatte, einsteigen. Es war die erste „große“ Route am Baum, die ich im sauberen Rotpunkt klettern wollte. „Groß“, da ich schon Astrein -einen schmalen Baum- vorgestiegen war. Aber dies sollte der erste breite Baum (unten ca. 2,30 m Umfang) sein, den ich versuchte. Mit einer Höhe von 8 m und leicht bröckeliger Rinde ein „interessantes“ Projekt.

Vorstieg Sheriff Nottingham

Am Gurt hatte ich eigentlich alles Material, was ich so besaß. Also los ging’s. Die Klettertechnik ist abgeleitet aus dem Palmklettern, da man keine Griffe zum ziehen sondern nur Seitgriffe hat und selbst mit Kletterschuhen keine vernünftigen Tritte zu finden sind. Gezwungenermaßen also barfuß. Mit den Händen nach Griffen suchend, die Füße auf Reibung in die Rinde gedrückt, begann der Einstieg, bis dann auf 3,5 m erst die erste Klippposition kam. Den einen Fuß auf einem kleinen stark bröckelnden Gnubbel, den anderen um den Baum geschlungen, versuchte ich erst zwei verschieden große Bandschlingen um den Baum zu werfen. Schließlich gelang es mir  einhändig meine längste Bandschlinge mit einer kurzen zu verknüpfen, was dann gerade so reichte, um zu klippen. Jetzt weiter: Seil einhängen. Füße auf Reibung. Hände in die Rinde krallen. Links bricht etwas Kleines raus. Die Tür schwingt auf; der linke Fuß rutscht ein Stück. Da wieder ein Griff. Den Fuß wieder hoch gesetzt. Der Großzehballen wird in die Rinde gedrückt. Die Hände finden endlich gute Griffe. Seitgriffe. Die Füße wieder ein Stückchen hoch bis der nächste Gnubbel erreicht ist. Schnell eine Bandschlinge über den Kopf streifen, mit Schwung um den Baum schleudern und mit der anderen Hand auffangen. Und es geht mir durch den Kopf, dass ich mich nicht an der Bandschlinge festhalten darf, damit es ein sauberer Rotpunktdurchstieg wird. Also die Wange an den Baum und flink geklippt. Endlich keine Groundergefahr mehr. Ein Blick nach oben und weiter. Da endlich der erste Griff, ein Astwulst zum reingreifen. Doch darüber glattere Rinde. Also stemmen aus einer Position ohne Griffe. Die andere Hand krallt langsam in den senkrecht verlaufenden Rindenrissen nach oben. Selbst der große Zeh krallt in das rauhe Holz. Dann endlich Stand unter den Füßen, ein handbreiter Astrestvorsprung. Ohne Eile die Selbstsicherung in der Hand, 8 m Luft unter den Füßen, einatmen, nach unten schauen und in Ruhe einen Stand bauen.

Für mich eines der schönsten Klettererlebnisse, nah am Objekt, klettert man eher mit als an oder auf dem Baum, muss sich an ihn anpassen. Zu jeder Jahreszeit anders an die Routen herangehen und natürlich Jahr für Jahr die Routen neu beobachten, denn sie wachsen mit.