Die Sonne strahlt uns noch schüchtern auf die nackten Füße. Doch nun lässt das Wetter es zu das nicht nur Schneesolokletterer ihren Spaß haben. Jongleure, Slakliner, Piknikfreunde und Treesolokletterer treffen sich nun wieder auf der Würfelwiese um von Winterdepression auf Frühlingsgefühle umzusteigen.
Mit zwei Erstbegehungen startet die Treesolo-Klettersaison.
Neu entdeckt wurde Dynamo, den man im ersten Zug Anspringen und dann Dynamisch lösen könnte oder traditionell Statisch.
Endlich erstbegangen wurde der Boulder Schlinge am Baum Galgen. Stark überhängend und somit sehr interessant.
Um die Theorie, dass Bäume eine Eigenwärme besitzen, zu bestätigen, sind jetzt die ersten Feldversuche abgeschlossen. Als Kontrolle diente eine geschlossene Schneedecke auf den Wiesen sowie an den Bäumen. Der erste Eindruck war wie erwartet, Schnee ist kalt. Der Start auf einer Wolldecke ließ schon beim Ausziehen der zwei Paar Socken recht schnell die unangenehme Außentemperatur zu den Füßen durchdringen. Die ersten Schritte durch den weichen Schnee ließen das schon oben Erwähnte erspüren. Da der Baum, der als erstes ausgewählt war, eine stark borkige Rinde besaß, um das Erklettern bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nicht noch zusätzlich zu erschweren, hatte sich in den Rindenrillen natürlich der schneewehenartige Fußfeind angelagert.
Foto: Martin Mütterlein
Trotzdem war es eine Wohltat, als der erste Schritt von der den Fuß mit Schnee umhüllenden Wiese an die trockene Rinde getan war. Hierbei muss aber gesagt sein, dass beim Laufen durch den Schnee, dieser durch die Wärme der Füße antaute und der Wasserfilm über der Haut arg zur Auskühlung der gleich noch zu „Hoch“-leistung gebrauchten Füße beitrug. Um nun Halt an der ehemals trockenen Rinde zu finden war es notwendig, die nunmehr schneebedeckten Zehen tief in die Borke zu krallen. Was jedoch erheblich erschwert wurde, da die guten Rillen meist umso mehr mit Schnee gefüllt und somit erst durch Pusten oder Pulen mit dem großen Zeh freizumachen waren. Nachdem der Schnee und der Kälteschmerz proportional zur Höhe nachließen, war es nun möglich, den Ausstieg recht zügig zu vollziehen, nur um am Zielast eine eiskalte Überraschung in Form einer kleinen Schneelawine erleben zu müssen. Somit konnte die erste Schneesolo-Besteigung von dem Alten Weg am Big Three abgeschlossen werden.
Nicht ganz so leicht erwies es sich bei der Glasauge,da hier, als Beweis für die Barfüßigkeit, Bilder von den Fußstapfen zum Baum gemacht werden sollten. Auch diese Route musste erst mit einer längeren Strecke durch den Schnee erreicht werden. Nur, dass beim Erklimmen dieser astreinen Route keinerlei Borkenstrukturen dem großen Zeh oder Zehenballen Halt gaben. Was dazu führte, dass hier der Palmkletterstiel angewendet werden musste. Nun lehrt die Erfahrung, dass schneebedeckte Füße schnell zu nassen Füßen mutieren (s.o.), was natürlich den Aufstieg, wo nur Reibung und Innendruck an der sonst glatten Rinde zu Erfolg führen, mit Wasserfilm fast unmöglich machte. Um diese Misere zu umgehen, mussten nun die Füße an der eigenen Hose getrocknet werden, ohne dass sie die Schneefläche noch einmal berühren, was mittels einer monchichiartigen Umarmung des Baumes und einer Menge animalischer Laute, auch möglich war. Nun, nach einer kleinen Pause im Stemmsitz, wies auch der Durchstieg des Glasauges keine weiteren Schwierigkeiten mehr auf.
Foto: Martin Mütterlein
Mit all den lehrreichen Erfahrungen und immer noch „warmen“ Füßen ging es nun zur letzten, längsten und mit 11-2 Astrein zur schwersten an diesem Tag bestiegenen Route. Der Start an Astrein erfolgte dieses Mal direkt von der Decke und ermöglichte so einen trockenen Einstieg, Schneefelder während des Aufstieges wurden weitestgehend umgangen und der Zielast erst vorsichtig gereinigt und somit der Lawine gezielt ausgewichen.
Das Fazit: Beim Schneesoloklettern sollte man stets versuchen trockene Füße zu behalten, weite Schuhe und dicke Socken helfen den Weg von Baum zu Baum angenehm zu überbrücken, intensives Zehenbewegen fördert die Durchblutung der Kleinen und ein warmer Tee hebt die Stimmung. Mit dieser Vorbereitung ist Schneesoloklettern ein interessantes Wintererlebnis und im Nachhinein betrachtet sind es nicht kalte oder schmerzende Füße, die einem in Erinnerung bleiben, sondern ein angenehmes warmes Gefühl, wenn sich Fuß und Baum berühren, wenn sich die Hand in die Rinde krallt.
Glaubt ja nicht, dass mit der kalten Jahreszeit das Treesoloklettern abgehakt ist. Das Wetter muss nur trocken genug sein, dann kann man klettern bei jeder Temperatur.
Ok, ich muss zugeben, dass ich dann auch mal die Schuhe anlasse. Aber mich halten die Eiszapfen nicht auf. Solange sie fest genug sind, werden sie einfach mitbenutzt. Wichtig hierbei ist eine Kapuze, damit einem die Schneemassen, die durch das Klettern am Baum losgeschüttelt werden, nicht in den Nacken fallen. Außerdem braucht man weiche Schuhe, die einem Halt an der kalten Rinde geben.
Damit ihr mir glaubt, dass es möglich ist, habe ich mich schon mal in die unwirtlicheren Regionen Deutschlands aufgemacht und das Klettern in Extremsituationen getestet. Die Bilder sind Original und nicht retuschiert.
Klettern in verschneiten Landschaften birgt aber noch ganz andere Vorteile. Denn was ist schon weicher als ein fluffiges Schneefeld? Also auf zum Deepsnowsoloingtreesoloing.
Um mich auf diese Route vorzubereiten, bin ich erst mal losgefahren und wollte lange Bandschlingen kaufen. Die gab es natürlich nicht. Also musste ich mit dem, was ich gerade hatte, einsteigen. Es war die erste „große“ Route am Baum, die ich im sauberen Rotpunkt klettern wollte. „Groß“, da ich schon Astrein -einen schmalen Baum- vorgestiegen war. Aber dies sollte der erste breite Baum (unten ca. 2,30 m Umfang) sein, den ich versuchte. Mit einer Höhe von 8 m und leicht bröckeliger Rinde ein „interessantes“ Projekt.
Vorstieg Sheriff Nottingham
Am Gurt hatte ich eigentlich alles Material, was ich so besaß. Also los ging’s. Die Klettertechnik ist abgeleitet aus dem Palmklettern, da man keine Griffe zum ziehen sondern nur Seitgriffe hat und selbst mit Kletterschuhen keine vernünftigen Tritte zu finden sind. Gezwungenermaßen also barfuß. Mit den Händen nach Griffen suchend, die Füße auf Reibung in die Rinde gedrückt, begann der Einstieg, bis dann auf 3,5 m erst die erste Klippposition kam. Den einen Fuß auf einem kleinen stark bröckelnden Gnubbel, den anderen um den Baum geschlungen, versuchte ich erst zwei verschieden große Bandschlingen um den Baum zu werfen. Schließlich gelang es mir einhändig meine längste Bandschlinge mit einer kurzen zu verknüpfen, was dann gerade so reichte, um zu klippen. Jetzt weiter: Seil einhängen. Füße auf Reibung. Hände in die Rinde krallen. Links bricht etwas Kleines raus. Die Tür schwingt auf; der linke Fuß rutscht ein Stück. Da wieder ein Griff. Den Fuß wieder hoch gesetzt. Der Großzehballen wird in die Rinde gedrückt. Die Hände finden endlich gute Griffe. Seitgriffe. Die Füße wieder ein Stückchen hoch bis der nächste Gnubbel erreicht ist. Schnell eine Bandschlinge über den Kopf streifen, mit Schwung um den Baum schleudern und mit der anderen Hand auffangen. Und es geht mir durch den Kopf, dass ich mich nicht an der Bandschlinge festhalten darf, damit es ein sauberer Rotpunktdurchstieg wird. Also die Wange an den Baum und flink geklippt. Endlich keine Groundergefahr mehr. Ein Blick nach oben und weiter. Da endlich der erste Griff, ein Astwulst zum reingreifen. Doch darüber glattere Rinde. Also stemmen aus einer Position ohne Griffe. Die andere Hand krallt langsam in den senkrecht verlaufenden Rindenrissen nach oben. Selbst der große Zeh krallt in das rauhe Holz. Dann endlich Stand unter den Füßen, ein handbreiter Astrestvorsprung. Ohne Eile die Selbstsicherung in der Hand, 8 m Luft unter den Füßen, einatmen, nach unten schauen und in Ruhe einen Stand bauen.
Für mich eines der schönsten Klettererlebnisse, nah am Objekt, klettert man eher mit als an oder auf dem Baum, muss sich an ihn anpassen. Zu jeder Jahreszeit anders an die Routen herangehen und natürlich Jahr für Jahr die Routen neu beobachten, denn sie wachsen mit.